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https://apps.wossidia.de/webapp/run/node/XMD-S001-000-000-534
 
Keywords:
Persons:
person_narrator
Thieswaldt
person_narrator_gender
male
Narrator
Thieswaldt (male)
Narration date
 
Tale type
 
Places:
place_action
Pritzier; Boddin
Narration Place
 

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Map data © OpenStreetMap contributors

[534] Der unverwesliche Graf von Pritzier

deu

In Pritzier ist vor alten Zeiten ein Graf gewesen, der hat sich in die Tochter eines anderen Grafen verliebt. Er hat sie aber später verlassen. Darüber hat sie sich sehr gegrämt, dass sie bald danach gestorben ist. Vorher hat sie ihn verwünscht, dass er in seinem Tod ohne ihren Willen nicht verwesen soll. Er ist nachher auf einem Kriegszug ins Heilige Land gegangen, und hat dort seinen Tod gefunden. Vorher hat er aber noch seinen besten Freund darum gebeten, dass er seine Gebeine wieder mit nach Mecklenburg nehmen soll, und das hat er ihm auch versprochen. Der Freund hat nun die Leiche ganz und gar abbeizen lassen, dass bloß die blanken Knochen übrigblieben und die hat er wieder zusammensetzen lassen. So hat er seine Gebeine wieder mitgebracht. Die Komtesse ist in der Kirche in der Gruft vor dem Altar begraben gewesen, und dort sind seine Gebeine auch beigesetzt worden. Den anderen Morgen aber hat das Gerippe vorn in der Kirche an der Kirchentür gestanden. Sie haben das wieder in der Gruft in den Sarg gelegt, aber den anderen Morgen hat es wieder da gestanden, und so auch noch zum dritten Mal.

Dann haben sie das Gerippe da stehen gelassen, und es hat dort mehrere Jahre gestanden. Dann sind dort eines abends mal welche im Krug zusammen und der Wirt erzählt von seinem Mädchen, das wäre eine, der wäre vor nichts bange, die kriegt das fertig und holt das Gerippe aus der Kirche her. Die Gäste waren dagegen, und der Wirt ruft das Mädchen herein und sagt zu ihr, sie soll das Gerippe aus der Kirche herholen, sie kriegt auch so und so viel dafür.

Das Mädchen geht auch gleich hin, holt das Gerippe und setzt es auf den Tisch hin. Dann soll sie es auch wieder wegbringen. Das will sie aber nicht, denn sie haben ja bloß gesagt, sie soll es herholen, hinbringen können sie es wieder alleine. Sie bieten ihr zuletzt so viel Geld, dass sie es wieder auf den Nacken nimmt und auch wieder hinbringt. - Als sie das Gerippe wieder hinsetzen will, kann sie es nicht wieder loswerden. Das hält sie so sehr fest, dass sie nicht von der Stelle kommen kann. Sie bittet zuletzt, dass es sie gehen lassen soll. Dann sagt es: erst soll sie in die Gruft vor den Altar runtersteigen. Dort würde sie wohl jemanden finden, der dort sitzt und in einem Buch liest. Zu der soll sie sagen: Susanna, der Graf lässt um seine Verwesung bitten. Sie geht auch hin, aber die sagt: Nie und nimmer! Sie kommt wieder und gibt ihm die Antwort. Das Gerippe sagt, sie soll noch einmal hingehen, und lässt sie auch nicht in Ruh. Sie geht noch einmal hin, aber sie bringt wieder eine dreisilbige Antwort. Dann muss sie auch noch zum dritten Mal hin, und die in der Gruft sagt wieder: Nie und nimmer! Dann bittet es sie aber noch weiter und sagt, wenn sie es nicht um ihretwillen tun will, dann soll sie es doch um das unschuldige Wesen tun, das sie unter ihrem Herzen trägt. Das Mädchen wär nämlich in anderen Umständen. Dann sagt die andere: Dann meinetwegen: ja! Als die nun wieder zurück kommt, dann liegt da an der Tür bloß ein kleiner Haufen Asche.

nds

To Pritzier is in ollen tiden ein graf west, dei hett sik mit dei dochter von einen annern grafen verlawt hatt. Hei hett ehr äwer naher verlaten. Doröwer hett sei sik so väl grämt, datt sei bald dornah storben is. Vör ehr enn äwer hett sei em verwünscht, datt hei in sinen dod ahn ehren willen nich verwesen süll. Hei is naher up'n kriegstog mit na't heilig Land gahn un hett dor ok sinen dod funnen. Vörher hett hei äwer noch sinen besten fründ dorüm bäden, datt hei sine gebeine wedder mit na Meckelborg nehmen süll un dei hett em dat ok verspraken. Dei fründ hett nu dei liek ganz un gor awbeizen laten, dat blot dei knaken nablewen sünd und dei hett hei wedder tosamen setten laten. So hett hei sine gebeine wedder mitbröcht. Dei comtesse is in dei kirch in dei gruft vörn altor begraben west un dor sünd sine gebeine ok bisett worden. Den annern morgen äwer hett dat gerippe vörn in dei kirch an dei kirchendör stahn. Sei hewwen dat wedder in de gruft in'n sarg leggt, äwer den annern morgen hett dat dor wedder stahn, un so ok to'm drüdden mal. Dunn hewwen sei dat gerippe dor stahn laten, un dat hett dor mihre johre stahn. Dunn sünd dor einen abend mal weck in'n kroog tosam un dei kräuger vertellt von sien mäten, dat wier ein, dei wier vör nicks nich bang, dei kreg dat farig un halte dat gerippe ut dei kirch her. Dei gäst wedden jo dorgegen un dei kräuger röppt dei diern herin un seggt ehr, sei sall mal dat gerippe ut dei kirch herhalen, sei kreg ok so un so väl. Dei diern geiht ok gliek hen, halte dat gerippe un sette dat up'n disch hen. Dunn sall sei't ok wedder wegbringen. Dat will sei äwer nich, denn sei hadden jo blot seggt, sei süll dat herhalen, henbringen künnen sei dat allein wedder. Sei beiden ehr toletzt soväl geld, datt sei dat wedder up’n nacken nimmt un ok wedder henbringt. As sei dat gerippe wedder hensetten will, kann sei dat nich wedder loswarden. Dat grippt ehr so fast üm, dat sei nich von dei städ kamen kann. Sei biddt toletzt, dat sall ehr gahn laten. Dunn segt dat: ihrst süll sei in dei gruft vör'n altor dalstigen. Dor wür sei woll ein finnen, dei seet dor un läst in'n bauk. To dei süll sei seggen: Susanna, dei graf lett üm sin verwesung bidden. Sei geiht ok hen, äwer dei seggt: Nie und nimmer! Sei kümmt wedder un bringt em dei antwurt trügg. Dat gerippe seggt, sei süll noch einmal hengahn, un lett ehr ok nich ihre rut. Sei geiht nochmal hen, äwer sei bringt wedder deisülwig antwurt. Dunn möt sei ok noch to'm drüdden mal hen, un dei in dei gruft seggt wedder: Nie und nimmer! Dunn biddt sei äwer noch wider un seggt, wenn sei't nich üm ehrentwillen dauhn wull, denn süll sei't doch üm dat unschüllig wesen dauhn, dat sei ünner ehren harten drüg. Dei diern wier nämlich in anner ümstänn. Dunn seggt dei anner: Denn minetwegen! As sei dunn wedder trüggkümmt, dunn liggt dor an de dör blot 'n lütten hupen asch.


Created
December 13, 2020, 21:14 (UTC)
Last updated
December 16, 2020, 21:24 (UTC)